8. Mai – Tag der Befreiung vom Faschismus und Krieg

Grußwort ANPI zur Gedenkveranstaltung des 8. Mai

Vor 78 Jahren bestätigten die Rote Armee und die anderen Alliierten mit der bedingungslosen Kapitulation, die von der Wehrmacht in der Nacht zum 8. Mai unterzeichnet wurde, den Sieg über die nationalsozialistischen und faschistischen Diktaturen, auch wenn das Ende des Zweiten Weltkriegs erst am 15. August mit der Kapitulation Japans nach den Tragödien von Hiroshima und Nagasaki kam.

Bei der Befreiung Berlins verloren 170.000 sowjetische Soldaten ihr Leben, die aus allen 14 Teilrepubliken der UdSSR  kamen und an die in den verschiedenen Mausoleen der Stadt erinnert wird.

Jedes Jahr beteiligt sich die ANPI, der Verband der italienischen Partisanen und Partisaninnen, an den Gedenkfeiern  zum 8. Mai nicht nur, um an den enormen Blutzoll der Soldaten und der Zivilbevölkerung zu erinnern; nicht nur, um die  Rückkehr des Weltfriedens und das Ende von Nazismus und Faschismus zu feiern, sondern auch, um das Vermächtnis der Bedeutung jener Ereignisse  am Leben zu halten.

Der 8. Mai ist ein Jahrestag, der aus historischen und ideellen Gründen eng mit dem Tag der Befreiung Italiens am 25. April verbunden ist und den wir von ANPI auch aus diesem Grund als den unseren empfinden.

Heute begehen wir diesen Jahrestag in einer politischen Situation, die durch einen starken Rechtsruck in  der Union und die Rückkehr eines militärischen Konflikts mitten in Europa gekennzeichnet ist. Deshalb müssen wir unser politisches Engagement für die Verteidigung des Antifaschismus erneut verstärken sowie auch unsere Anstrengungen, um den Konflikt, der die Ukraine blutig macht, zu beenden.

Wir in Italien müssen heute, gemeinsam mit den demokratischen Kräften gegen die reaktionären Tendenzen der aktuellen Regierungskoalition kämpfen, die die Prinzipien unserer Verfassung  umstürzen wollen, die aus dem Widerstand gegen den Nazifaschismus hervorgegangen ist; wir müssen gegen eine Politik kämpfen, die Geschichtsrevisionismus  fordert, die das historische Gedächtnis instrumentalisiert, die Fremdenfeindlichkeit, Nationalismus, Korporatisierung der Gesellschaft und soziale Ausgrenzung fordert.

Gleichzeitig ruft uns der militärische Angriff der Russischen Föderation gegen die Ukraine mit ihrer Last an zerstörerischer Gewalt und unermesslichem Leid, das der Zivilbevölkerung zugefügt wird, dazu auf, uns als überzeugte Partisanen des Friedens in erster Linie auf die Seite der Kriegsopfer, der Millionen von Vertriebenen und Flüchtlingen zu stellen, die dieser (so wie jeder) Krieg hervorbringt. Neben der Unterstützung für die Opfer müssen wir aber auch den politischen Druck erhöhen, damit alle Anstrengungen darauf gerichtet werden, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Wir sehen bis jetzt keine angemessene Initiative in diesem Bereich. Die UNO ist gelähmt, die europäischen Regierungen ordnen sich völlig der militärischen Logik unter und sind nicht in der Lage, diplomatische Initiativen zu ergreifen. Sie suchen Lösungen nur im zunehmenden Einsatz von Waffen, was die ganze Welt ernsthaften Risken aussetzt und Ressourcen abzieht, die für die Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Krisen sowie der Umweltkrise von grundlegender Bedeutung sind.

Wir müssen mit Nachdruck den Grundsatz beteuern, den die Partisanen in der italienischen Verfassung verankert haben und uns vererbt haben: Italien lehnt den Krieg ab. Lasst uns die Waffen zum Schweigen bringen, lasst uns für den Frieden arbeiten!

Aus diesen  Gründen begrüßen wir die Entscheidungen Belgiens, wo  der Stadtrat die Stadt von Charleroi im Frühjahr 2023 zur “antifaschistischen Stadt” erklärte, um  die Erinnerung an den Widerstand gegen Nazideutschland, den Faschismus und die extreme Rechte lebendig zu halten, insbesondere  mit der Forderung, dass der 8. Mai wieder zum gesetzlichen Feiertag wird.

Ebenso begrüßen wir die Entscheidung  Spaniens, wo der 5. Mai von der Regierung bereits 2019 zum Gedenktag für die nach Mauthausen und in andere Lager deportierten Spanier sowie für alle Opfer des Franquismus erklärt wurde. Mit diesem kollektiven Gedenken sollen die spanischen Frauen und Männer – die ersten europäischen antifaschistischen Kämpfer – geehrt werden, dadurch soll ihr Beitrag zur demokratischen Entwicklung der Geschichte Spaniens sowie zur Verteidigung von Freiheit und Demokratie in Europa anerkannt werden.

In Deutschland hat die Forderung, die vor einigen Jahren die ehemaligen Auschwitz-Überlebenden und Mitglied des Ehrenpräsidiums der FIR, Esther Bejarano erhob “Der 8. Mai muss ein Feiertag werden” neuen Auftrieb erhalten. Vor einiger Zeit unterstützten mehr als 175.000 Menschen sie in einer Online-Petition. Auch nach Esther Bejaranos Tod wird dieses Ziel weiterverfolgt. Die VVN-BdA fordert, dass der 8. Mai nicht nur ein arbeitsfreier Tag – wie 2020 – wird, sondern auch als Gedenktag und Feiertag anerkannt wird.

Als ANPI in Deutschland unterstützen wir den Vorschlag, dass der 8. Mai zum Feiertag wird, und hoffen, dass wir in der Zukunft an diesem Tag auch den Europäischen Tag des Antifaschismus feiern können.

ANPI Berlin, Köln, Frankfurt, München

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